Im November organisierte die Schützenkompanie Lüsen in Erinnerung an den ehem. Mairhoferbauern, Gemeindevorsteher und Schützenfähnrich Franz Hinteregger (1869-1942) das diesjährige Herbstschießen.
Am Freitag 30. November und Samstag 1. Dezember hingegen maßen sich 40 Dreiermannschaften beim 2. Lüsner Dorfschießen.
>>> Ergebnisliste 18. Freischießen
>>> Ergebnisse 2. Dorfschießen
Die feierliche Eröffnung des Freischießens fand am Samstag, 10. November statt. Bereits im Rahmen der Vorabendmesse, an welcher die Schützen in Tracht und in Begleitung ihrer Kompaniefahne teilnahmen, wurde an den vor 70 Jahren verstorbenen Franz Hinteregger gedacht, dem die Pfarrkirche zum Hl. Georg ganz wesentlich ihre heutigen Ausmaße verdankt.
Viele Interessierte haben sich im Anschluss an die Hl. Messe zur Eröffnungsfeier im Schießstand eingefunden, unter ihnen auch die Familie des Urenkels und heutigen Mairhoferbauern Franziskus Hinteregger und mehrere weitere direkte Nachkommen von Franz Hinteregger.
Nach den Grußworten des Hauptmanns hielt Dr. Ernst Delmonego ein Referat über das Leben und Wirken von Franz Hinteregger, das er in seiner professionellen Art sehr aufwändig recherchiert hatte und zu welchem er mehrere sehr interessante alte Aufnahmen präsentieren konnte (siehe weiter unten). Die Zuhörer dankten es ihm mit großer Aufmerksamkeit und eben solchem Applaus.
Nach den Grußworten des Bürgermeisters, des Bezirksmajors sowie auch von Franziskus Hinteregger, der lobende Worte für diese Initiative der Schützenkompanie fand, wurde dieser gebeten, das 18. Freischießen mit seinem Eröffnungsschuss freizugeben.
>>> Bildergalerie Eröffnungsfeier
Das Schießen endete am So. 25. November und verzeichnete mit genau 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, darunter auffallend viele Kinder und Jugendliche, einen deutlichen Zuwachs im Vergleich zu den Schießen der letzten Jahre.
Die Preisverteilung fand zusammen mit jener des Dorfschießens am Abend des Sa. 1. Dezember in der Feuerwehrhalle statt.
>>> Bildergalerie Preisverteilung
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Auszug aus dem Festvortrag von Dr. Enrst Delmonego
Franz Hinteregger wurde am 3. Oktober 1869 als Sohn des Franz (Ingenuin) Hinteregger und der Kreuzploner Tochter Rosa Filomena Oberhauser geboren. Der Vater verstarb bereits 1874 im Alter von 31 Jahren. In seinem Testament hatte er angeordnet, dass der Besitz auf seinen ältesten – erst fünfjährigen Sohn Franz übergehe, die selbständige Führung des Hauswesens ihm allerdings erst mit dem 24. Lebensjahr gestattet werde. In der Zwischenzeit sollte der Hof von der Mutter und vom Mitvormund, dem Onkel und späteren Stiefvater Anton Hinteregger, geführt werden.
Im Alter von 30 Jahren, also 1899, vermählte sich Franz Hinteregger mit Anna Fischnaller, einer einfachen Tagwerkertochter aus der Schar seiner Dienstboten, die ihm 6 Kinder gebar, von denen eine Tochter im Kindesalter verstarb.Franz Hinteregger war ein vorbildlicher, tüchtiger und allseits geschätzter Bauer.
Er liebte seinen Hof, den ehemals fürstbischöflichen oberen Küchenmairhof, der wegen seiner Geschichte und seines Aussehens in und außerhalb der Gemeinde Lüsen sehr bekannt ist und dessen Inhaber seit 1201 lückenlos bis zur Gegenwart dokumentiert sind.
Mag der Mairhofer die Bewirtschaftung seines Hofes auch in der damals traditionellen Weise weiter geführt haben, so öffnete er doch 1913 durch den Bau des ersten E-Werkes im Mairhofer Loch der Technik die Tore in Lüsen.
Der christliche Glaube war ihm ein großes Anliegen und das Leben am Mairhof war streng nach diesem ausgerichtet. Er selbst wanderte täglich am Morgen über die Gebreite hinauf zur Kirche und wohnte in seinem Sonntags- oder Werktagsstuhl der hl. Messe bei. Der Mairhofer Franz Hinteregger war aber nicht nur seinen Kindern ein treusorgender Familienvater und seinen Dienstboten ein wohlmeinender Freund, sondern allen Ortsbewohnern Trost und Stütze in ihren Nöten.
Mit 34 Jahren wurde er das erste Mal zum Gemeindevorsteher, d. h. zum Bürgermeister gewählt und er übte dieses Amt mit Unterbrechungen volle 16 Jahre aus, und zwar 1903-1906; 1909-1912; 1916-1922; 1922-1926.
In seine Amtszeit als Gemeindevorsteher fiel der verheerende Dorfbrand vom 10. Oktober 1921. Zusammen mit Pfarrer Josef Schmid setzte er sich zunächst besonders für die Abbrändler ein, indem er vielen der Obdachlosgewordenen im Mairhof Unterkunft und Verpflegung gewährte.
Energisch setzte er sich sodann nicht nur für den sofortigen Wiederaufbau, sondern auch für die Vergrößerung der Pfarrkirche ein. Als dies am Widerstand einiger Gemeinderäte zu scheitern drohte, erhob er sich, klopfte mit dem Zeigefinger auf den Tisch und erklärte: „Stimmt ihr der Vergrößerung der Kirche zu, so lege ich heute 10.000 Lire auf den Tisch und für die Verlängerung stelle ich den Grund von meinem angrenzenden Feld kostenlos zur Verfügung.“ Seine Intervention brachte den erwünschten Erfolg. Des Weiteren stellte er den Abbrändlern noch lange Holz aus seinem Wald zur Verfügung und ließ es an seiner Säge zu Brettern schneiden, sodass er – wie es im genannten Nachruf heißt – „zum Wohltäter und Vater aller geworden“ ist.
Nachdem Italien am 23. Mai 1915 an Österreich-Ungarn den Krieg erklärt hatte, rückte der Oberleutnant Franz Hinteregger als Zugkommandant der 4. Kompanie des Standschützen- Bataillons Brixen an die Südfront zur Etschtalstellung Isera – Mori – Marco südlich von Rovereto vor, um den Vorstoß der italienischen Truppen zu verhindern. Er blieb allerdings nicht lange im Felde, denn auf besondere Intervention höherer politischer Instanzen wurde er Ende August 1915 vom Kriegsdienst befreit, da einerseits im Brixner Bataillon ehedem schon so viele Offiziere seien und man andererseits auf seine besondere Bedeutung für die Bergbauernwirtschaft und seinen Einsatz in der Heimatgemeinde verwies.
In der Folgezeit stand er bis zur Auflösung der Gemeindeautonomie durch die faschistischen Machthaber im Jahre 1926 der Gemeinde als Bürgermeister vor.
Zwischen 1909 und 1912 ist Franz Hinteregger als Fähnrich der Schützenkompanie Lüsen nachweisbar. An der Hundertjahrfeier der Tiroler Freiheitskriege in Innsbruck, den sog. „Jubeltagen des Landes Tirol“ am 28. und 29. August 1909 nahm er mit 80 Mann der Schützenkompanie Lüsen unter Hauptmann Alois Prosch teil.
Vom 10. bis zum 15. September 1912, also vor fast genau 100 Jahren, fand in Wien der 23. internationale Eucharistische Kongress statt, an dem er ebenfalls als Fähnrich mit Schützen und weiteren Gemeindemännern aus Lüsen teilnahm. Der Eucharistische Kongress entstand durch die Initiative einer Französin zur besonderen Verehrung des Allerheiligsten als Antwort auf den Werteverlust und den Materialismus im späten 19. Jahrhundert. Den Höhepunkt bildete die Prozession am Sonntag, an der auch der Kaiser und etwa 150.000 Personen (darunter 10 Kardinäle und 250 Bischöfe) teilnahmen.
In den letzten zwei Jahren seines Lebens war er kränklich und seit Weihnachten 1941 konnte er nicht mehr die Kirche besuchen, bevor er am 17. Februar 1942, fast genau um 12.00 Uhr Mittag in ruhiger Ergebenheit und festem Vertrauen auf Gott verstarb. Begleitet von einer überaus großen Menschenmenge aus nah und fern wurde der Verstorbene von einem der schönen Mairhofer Pferde zum Friedhof gezogen.
All diese Menschen trauerten mit den vier Söhnen und der einzigen Tochter sowie der ganzen Gemeinde Lüsen um diesen „edlen Mann“, der nicht nur äußerlich von stattlicher Statur war, sondern auch innere Größe zeigte. Er zeichnete sich durch Charakterfestigkeit aus, setzte sich für die Mitmenschen ein und lebte seinen Glauben der Gemeinde vor.
Sterbebilder von Franz und Anna Hinteregger